Beitragsgerechtigkeit muss für alle Bürger gelten

Beitragsgerechtigkeit muss für alle Bürger gelten

Zahlungsbescheide bis zu abschließender rechtlicher Klärung zurückstellen

Die Uneinigkeit über die Straßenausbaubeiträge sorgt bei den Beteiligten in Reichelsheim und Dorn-Assenheim für viel Unmut. Wie im Nachgang zur Stadtratssitzung in der Wetterauer Zeitung berichtet, sprach sich die Mehrheit der Anwesenden gegen den Antrag der Freien Wähler, über eine Rückzahlungssatzung für bisher erhobene Straßenausbaubeiträge ab dem 1.1.2019, aus. Bürgermeisterkandidat Cenk Gönül teilt die vorgebrachten rechtlichen Ausschlusskriterien nicht und fordert stattdessen Beitragsgerechtigkeit für alle Reichelsheimer Bürger. Es könne nicht sein, dass zweierlei Maß gelte. Bis zu einer abschließenden rechtlichen Klärung sollten die bisher erteilten sowie die noch ausstehenden Zahlungsbescheide ausgesetzt werden.

„Die Straßenbeiträge sorgen vielerorts für Streit zwischen Kommunalpolitik, Verwaltung und Bürgern“, so Gönül. „Das ist die Konsequenz des schlechten Kommunalabgabengesetzes in Hessen.“ Bei der vielfach als Präzedenzfall zitierten Situation im hessischen Niederaula, die zur Prüfung vor dem hessischen Verwaltungsgericht liegt, gehe es um 39 Straßen seit 2014, in denen einige der Parlamentarier als Anwohner selbst betroffen seien.

In Reichelsheim sei der Fall deutlich anders gelagert. Hier gehe es konkret um drei Straßen seit 2019, an denen nach seiner Information keiner der Parlamentarier ein persönliches Interesse habe. Nach dem Antrag der Freien Wähler solle die Rückzahlung sukzessive und nur dann erfolgen, wenn der finanzielle Spielraum der Gemeinde dies auch zulasse. Zudem müsse die Rückzahlung von den betroffenen Bürgern beantragt werden. Nach Reihenfolge der Antragsstellung werde dann schrittweise die Erstattung erfolgen. Bei einem ähnlichen Fall in Berlin seien zwischen 2002 und 2012 erhobene Straßenbeiträge zurückerstattet worden.

In Bayern sei die Rückzahlung von Straßenausbaubeiträgen auf Antrag ab 1. Juli 2019 möglich. Nach dem neuen Artikel des KAG in Bayern sollen „ausgleichsfähige Härten“ nun zumindest anteilig ausgeglichen werden, die durch die Zahlung der Straßenausbaubeiträge in den Jahren vor deren Abschaffung entstanden seien. Dies betreffe vor allem Eigentümer, denen kurz vor Abschaffung der Straßenausbaubeiträge noch ein Beitragsbescheid in den Briefkasten geflattert kam. Dass es auch in Hessen anders gehe, zeige das Beispiel der Gemeinde Sulzbach. Hier habe man bereits 2017 Beiträge nach dem Kommunalen Abgabegesetz für Kanäle und Wasserversorgung zurückgezahlt.

„Es gibt keine Rechtsgrundlage, die eine solche Satzung verbietet“, so Gönül. „Laut Paragraf fünf der Hessischen Gemeindeordnung hat jede Kommune das Recht, Satzungen zu erlassen, um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu regeln, es sei denn es gibt hierzu eine anderslautende gesetzliche Bestimmung.“  Der Hessische Städte- und Gemeindebund habe jedoch in einer Stellungnahme eine Rückzahlung von Beiträgen als freiwillige Leistung rechtlich nicht ausgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund müsse man in jedem Fall das rechtskräftige Urteil aus Niederaula und seine Begründung abwarten, bevor hier eine endgültige Entscheidung für Reichelsheim getroffen werde. Daher werden sich die Freien Wähler laut Gönül auch weiterhin für die vollständige Rückzahlung bereits gezahlter Straßenbeiträge in ihrer Heimatgemeinde einsetzen und dieses Thema erneut vor den Finanzausschuss bringen.

 

 

 

 

 

 

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